Machen negative Zinsen arm?
Häufig wird behauptet die Null Zins und negativ Zins Politik der Zentralbanken wäre eine Enteignung der Sparer. Ist das tatsächlich so? Dazu folgende Beispielrechnungen:
In den folgenden Grafiken wird die Entwicklung der Geldguthaben von drei Personen über einen Zeitraum von 25 Jahren dargestellt. Am Anfang besitzt Person B mit 100 % ein durchschnittliches Geldguthaben. (In Deutschland entsprach das mindestens 89.100 € pro Person im Jahr 2023). A besitzt 10 % eines durchschnittlichen Guthabens. Person C mit 1000 % ein 10faches Durchschnittsvermögen. Alle drei sparen jedes Jahr 5% des Durchnitts. Außerdem ist in den Grafiken noch die Summe aller drei Guthaben dargestellt. Unterschiedlich ist in den drei Grafiken nur die Verzinsung der Guthaben.
5%Verzinsung
Grafik 1
In der Grafik 1 sind alle Guthaben mit 5 % pro Jahr verzinst. Alle drei, so wie die Summe aller Guthaben wachsen exponentiell. Wie bei allen Mitkopplungen wachsen auch hier die Vermögen umso schneller je größer sie sind. Der Abstand zwischen den niedrigsten und dem höchsten Guthaben hat sich in dem Zeitraum um den Faktor 3,23 vergrößert. Die Ungleichheit hat also zugenommen.
Die Gesamtsumme der drei Guthaben ist in dem Zeitraum beinahe um das Vierfache gewachsen (genau um das 3,83 fache). Ein Geldguthaben stellt den Anspruch auf Auszahlung des Betrags durch den Schuldner dar, das heißt dass auch die Verschuldung um den gleichen Faktor gestiegen ist.
Je kleiner ein persönliches Guthaben ist, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass man es verliert, z.B. weil man es für geplante, oder ungeplante Ausgaben verwendet. In der Realität ist daher die Wahrscheinlichkeit gering, dass Guthaben A über einen so langen Zeitraum wächst, wie hier dargestellt.
0% Verzinsung
Grafik 2
In der Grafik 2 sind alle Guthaben mit 0% pro Jahr verzinst. Alle Guthaben sowie die Summe wachsen linear. Die Summe der gesamten Kreditmenge (Guthaben und Schulden) ist in dem Zeitraum um knapp ein Drittel angewachsen. Die Ungleichheit (Der Abstand zwischen niedrigsten und höchsten Guthaben) hat sich in dem Zeitraum nicht verändert.
Minus 5% Verzinsung
Grafik 3
In Grafik 3 sind alle Guthaben mit – 5 % pro Jahr verzinst. Bei dem durchschnittlichen Guthaben entspricht der Verlust durch die Negativverzinsung dem Ersparten. Das Guthaben bleibt dementsprechend gleich.
Die beiden anderen Guthaben entwickeln sich Richtung des Durchschnitts. Das größte Guthaben schrumpft exponentiell. Anfangs sehr stark und umso langsamer je näher es an den Durchschnitt kommt.
Das kleinste Guthaben wächst, weil der Zugewinn durch das Sparen größer ist, als der Verlust durch die negative Verzinsung.
Die Summe der gesamte Kreditmenge (Guthaben und Schulden) schrumpft um mehr als die Hälfte (genau um 51,6 %).
Die Ungleichheit (Der Abstand zwischen niedrigsten und höchsten Guthaben) ist in dem Zeitraum um mehr als 70 % zurückgegangen.
Fazit
Auch wenn Guthaben nicht verzinst werden, lohnt es sich zu sparen. Mit einer Guthabenverzinsung unter 0% pro Jahr, verliert man umso mehr, je größer das Guthaben ist.
Bei einem unterdurchschnittlichen Guthaben sind die Ersparnisverluste durch den Negativzins nicht maßgeblich für den Vermögensaufbau, da dieser hauptsächlich durch Sparen erfolgt.
In den Berechnungen wurden Zinslasten nicht berücksichtigt. Es ist zu bedenken, dass nicht nur eine verschuldete Privatperson Zinsen zahlt, sondern indirekt jeder Konsument, da der mit Abstand größte Schuldner, die Privatwirtschaft und die öffentliche Hand, als zweitgrößter Schuldner, ihre Zinslasten auf die Endverbraucher umlegen. Je höher die Zinsen, umso höher ist der durchschnittliche Zinsanteil in den Ausgaben. Würde man die persönlichen Zinseinnahmen und Zinsausgaben gegenrechnen, würde sich der hier gezeigte Trend noch verstärken. Je niedriger die Verzinsung umso größer ist der finanzielle Vorteil für unterdurchschnittlich Vermögende.
Da wir eine sehr ungleiche Vermögensverteilung haben würde die Mehrheit (~80% der Bevölkerung verfügen über kein, oder ein unterdurchschnittlich Geldvermögen) von Negativzinsen finanziell profitieren. Von der Angleichung der Vermögensverhältnisse profitieren alle, auch die bisher überdurchschnittlich Vermögenden.
Bezogen auf die Ausgangsfrage kann gesagt werden, dass Risiko arm zu werden, im Sinne von unterdurchschnittlich vermögend, ist mit negativen Zinsen geringer als mit positiven.
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