Zukunftsmusik. Bericht aus 2050. Ujo
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“
Mark Twain
Trotz des Zitats von Mark Twain wird in den Berichten aus dem Jahr 2050 erzählt, wie verschiedene Bereiche des Alltags in knapp drei Jahrzehnten aussehen könnten, wenn die vier Einsichten umgesetzt werden.
Der Ujo (Esperanto für Container) sind beinahe so etwas wie ein Symbol für den Systemwechsel geworden. Vom Prinzip entsprechen sie den alten Frachtcontainern, nur viel kleiner. Die alten Frachtcontainer gibt es auch noch, und sie sind mit dem Ujo kompatibel. Drei Standard-Ujos passen in einen 6m Container.
In Ujos werden Waren transportiert, Menschen wohnen darin und reisen damit. Die Maße sind standardisiert. Das Patent ist frei nutzbar (wie alle anderen Patente auch). Sie sind zerlegbar, und mehrere Ujos können auf unterschiedlichste Weise zusammengebaut werden.
Es hat sich eine Infrastruktur für die Ujos gebildet. Dazu gehört die Produktion der Grundelemente und des Zubehörs, der Transport und die Stellplätze.
Ujos werden als eine Art „Panic-room“ gegen extreme Temperaturen genutzt. Als früher Energie plötzlich sehr viel teurer wurde, konnten sich viele Menschen nicht die energetische Sanierung ihres Hauses oder Wohnung leisten. Selbst wenn man es sich leisten konnte, fehlte es oft an Material und an Handwerkern. Statt dessen stellte man sich ein oder mehrere Ujos in die Wohnung. Was als Provisorium begann, haben viele Leute beibehalten. So werden ungedämmte Häuser bewohnt, und wenn die Temperaturen zu hoch oder zu niedrig werden, zieht man sich in das Ujo zurück. Zur Freude der Denkmalschützer wurden manche schöne Altbauten, oft über einen langen Zeitraum mit alten Techniken renoviert.
Herzstück eines solchen Wohn-Ujo ist ein Kühlschrank. Dieser dient als Wärmepumpe (was er ja auch ist). Wenn es zu heiß ist, kühlt der Kühlschrank den gesamten Ujo Innenraum auf eine erträgliche Temperatur. Wenn es zu kalt ist, wird der Kühlschrank umgedreht, dass der Motor den Ujo wärmt. Der Rest der Wohnung wird dann kaum noch geheizt und kann als großer Kühlschrank genutzt werden.
Da sich ein ressourcenschonender Lebensstil auch finanziell lohnt, gibt es viele Menschen, die ausschließlich in Ujos wohnen. In fast allen Orten gibt es Stellplätze für die Ujos. Oft in alten Gewerbegebieten. Besonders in Städten stehen sie übereinander, als eine Art vertikale Tiny-House Siedlung. Dort gibt es oft Gemeinschaftsräume, wie Küche, Wohnzimmer, Waschräume, Toiletten.Wollen Menschen gemeinsam wohnen, montieren sie ihre Ujos zusammen. Und wenn sie sich trennen, werden die Ujos wieder demontiert.
Man kann in einem Ujo von einen Punkt zum anderen Reisen, ohne es verlassen zu müssen. Man wird abgeholt und zum Zielort gebracht, dabei wechselt man vielleicht mehrmals das Transportmittel. Etwa mit einem Spezial-Pedelec zur Bahn und dann wieder mit einem Pedelec ans Ziel. Auch mit Schiffen und Seilbahnen werden sie transportiert. In selten Fällen sogar mit einem Zeppelin.
Das Grundeinkommen reicht aus um ein Ujo zu finanzieren. Man beginnt mit einem Wohneigentum im XS-Format. Später können noch weitere Ujos hinzugefügt werden. So kommt man nach und nach zu mehr Wohneigentum, ohne dass man sich dafür hoch verschulden muss. Diese Art zu wohnen hat viele Vorteile: Im Vordergrund stehen: geringer Platzbedarf und sparsamer Ressourcenverbrauch sowohl bei der Herstellung als auch beim Bewohnen. Hohe Flexibilität was Standort und innnere Gestaltung betrifft, aber Kompatibilität mit anderen Wohneinheiten. So
wird das menschliche Bedürfnis nach Individualität gleichzeitig mit dem nach Gemeinschaft befriedigt.
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