Marktwirtschaft statt Kapitalismus
Es gibt keine einheitliche Definition für den Kapitalismus. Manche verstehen darunter eine freie Marktwirtschaft. Man kann darunter aber auch eine Herrschaftsform verstehen, in der die Interessen der Kapitalisten oberste Priorität haben, denen sich im Zweifelsfall auch die Menschenrechte und der Schutz unserer Lebensgrundlagen unterzuordnen haben. „Kapital“ ist gewinnbringendes Vermögen und ein Kapitalist ist ein Kapitaleigentümer, unabhängig von der Größe des Eigentums.
Wir sollte uns alle von der Einstellung verabschieden, dass nahezu risiko- und leistungslos Vermögensgewinne etwas Selbstverständliches sind. Wer sein Geld anlegt gibt fast immer den Auftrag „Macht mehr daraus“, auch ohne, dass das ausgesprochen werden muss. Entsprechend handeln unsere Vermögensverwalter bei Banken, Fonds, AG ́s usw. und tun was sie können, um die Ausgaben zu senken und die Gewinne zu steigern. Soziale und ökologische Fragen spielen für sie eine untergeordnete Rolle, es ist nicht ihr Job sich darum zu kümmern. So geben viele Anleger unwissend ihre eigene Ausbeutung und Naturzerstörung in Auftrag. Es spricht nichts dagegen einen Gewinn machen zu wollen, aber dem möglichen Gewinn einer Geldanlage sollte immer ein entsprechendes Risiko gegenüberstehen. Dementsprechend sollte es nicht die Aufgabe der Vermögensverwalter sein, einen Gewinn für die Anleger zu erwirtschaften, sondern nur deren Vermögen gewissenhaft zu verwalten und über die möglichen Risiken einer Anlage informieren.
Unter einer fairen Marktwirtschaft kann man einen Markt verstehen, der frei ist von Privilegien. Man könnte dem Markt ziemlich freie Hand lassen, solange ordnungspolitisch sichergestellt wird, dass unsere Lebensgrundlagen nicht übernutzt werden und dass Anbieter und Nachfrager sich auf Augenhöhe begegnen, wenn Sie die Konditionen für eine Leistung aushandeln, also niemand erpressbar ist. Das ist im aktuellen Wirtschaftssystem nicht der Fall. Ein Arbeitnehmer muss häufig manche Kröte schlucken, aus Mangel an alternativen Einkommensquellen. Würde jeder arbeitsfähige Mensch leicht so viel attraktive Arbeit finden wie er will (echte Vollbeschäftigung), wären viele Probleme leichter zu lösen. Zum Beispiel könnte man einfacher hohe ökologische Standards einführen, da das Argument „Das kostet Arbeitsplätze“ kaum noch ziehen würde. Wahrscheinlich sind nahezu risiko- und leistungslose Vermögenseinkünfte (ökonomische Renten) die Ursache für unfreiwillige Arbeitslosigkeit. Ökonomische Renten verursachen eine selbstverstärkende Vermögensverteilung. Je mehr Kapital jemand besitzt, umso höher sind seine Einnahmen. Ein ständig größer werdender Teil der Kaufkraft konzentriert sich so dort, wo der Konsumbedarf bereits auf einem sehr hohen Niveau gedeckt ist. Auf der anderen Seite müssen viele ihren Konsumbedarf einschränken um die ökonomischen Renten (z.B. Mieteinnahmen) anderer finanzieren zu können. Werden die ökonomischen Renten mit geeigneten Mitteln verhindert oder abgeschöpft und sozialisiert, würden Angebot und Nachfrage zusammenfinden und sich eine echte Vollbeschäftigung einstellen. Sollte das nicht funktionieren, könnte man mit einem Grundeinkommen, welches u.a. mit einer Liquidiätsumlage finanziert wird, die Grundbedürfnisse aller Menschen decken und so die Erpressbarkeit von Arbeitnehmern und der öffentlichen Hand durch ein mangelhaftes Angebot an Erwerbsarbeit abmildern.
Wenn jeder Mensch leicht Alternativen zu einer ungeliebten Erwerbstätigkeit findet, werden die Unternehmen am erfolgreichsten sein, die eine Belegschaft haben, die gerne zusammenarbeitet, weil man sich schätzt, vertraut und ein gemeinsames Ziel hat.
Die geringen Marktanteile ethischer Produkte scheinen darauf hinzudeuten, dass sich die Mehrheit damit überfordert fühlt, bei jedem Einkauf und jeder Geldanlage die Frage zu stellen, ob das ethisch vertretbar ist. Daher sollte ordnungspolitisch sichergestellt werden, dass alle Angebote am Markt „Fair“ und „Bio“ sind.
Ökonomische Renten, wie Mieten, Zinsen, Dividenden etc, führen zu sozialen Problemen und der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Dazu ein Beispiel. Aufgrund der niedrigen Verzinsung von Geldguthaben suchen Anleger und ihre Vermögensverwalter nach anderen Renditeobjekten. Gefragt sind besonders Immobilien in Gegenden mit einer guten Infrastruktur, z.B. Großstädte. Dort steigen aufgrund der erhöhten Käufernachfrage die Immobilienpreise und damit auch die Mieten. Das geht besonders zu Lasten derjenigen, die sich die höheren Mieten nicht leisten können, aber aufgrund fehlender Erwerbsmöglichkeiten nicht auf das Land ziehen können, wo die Mieten billiger sind. Dass belastet die Sozialkassen, etwa durch Mietzuschüsse. Und es belastet die knappen natürlichen Ressourcen, weil man versucht das Problem mit Wohnungsneubau in den Griff zu bekommen. Was allerdings nicht gelingt, denn der Mietpreisindex ist in Deutschland kontinuierlich gestiegen, obwohl die pro Kopf Wohnfläche in den letzten 30 Jahren um etwa ein Drittel angewachsen ist.
Eine faire Marktwirtschaft statt Kapitalismus könnte man erreichen, in dem man die vier Einsichten beachtet.
Leave A Comment